Die herrschaftliche Mühle
Für das Leben der Dorfbevölkerung, die ja praktisch ausschließlich aus Bauern bestand, war von jeher das Vorhandensein einer Mühle von Bedeutung. So befand sich von alters her eine Mühle auf Durmersheimer Gemarkung. Da sie mit Wasserkraft arbeitete, konnte sie nur am Federbach stehen, ihr genauer Standort war unterhalb der Bickesheimer Kirche (an der Grenzstrasse).
Wann diese Mühle errichtet wurde, lässt sich aus den vorhandenen Akten nicht mehr feststellen. Jedenfalls wird sie schon sehr früh urkundlich erwähnt, und zwar erstmals am 8. Juni 1388. Damals wurde sie von Markgraf Rudolf VII. zum Dank für geleistete Dienste einem Ritter Klaus von Bach und dessen Sohn Georg übergeben.
Auch in der Folgezeit wurde die Mühle von ihren Eigentümern, den Markgrafen von Baden, als Lehen vergeben.
Die Renovation des Jahres 1510 nennt als Lehensmann den Müller Hans Rapp, 1535 war der Lehensträger Mang Banmeyer, die jährliche Gült betrug 22 Malter Korn.
Von dieser Mühle wird in der Renovation des Jahres 1579 weiter gesagt, dass sie drei Mahlgänge hatte; sie war damals an Gorius Rottner, der auch Stadtmüller in Kuppenheim war, um dieselbe Gült von 22 Malter Korn verpachtet.
Am 4.9.1586 wurde dieses Lehen durch Markgraf Philipp II. erneuert, die Gült musste jährlich an Mariä Lichtmess an die herrschaftliche Kellerei in Ba-den-Baden oder Ettlingen abgeliefert werden. Allen, die bisher in der Mühle gemahlen hatten, wurde zur Pflicht gemacht, "fürbas (=weiterhin) auch allda und nirgends anderswo zu mahlen, es were denn das der gepresten an Ime (ein Fehler am Müller) oder seinen Erben were und das er Inen mit malen nicht genug thun möchte". Dem Müller wurde auferlegt, "die Mühle in gutem Bau zu halten und von niemand mehr zu nehmen, als das rechte Multer wie von Alters her Herkommen gewesen ist". Das "Multer" bezeichnet den Lohn des Müllers, er betrug ein Sechzehntel der vom Bauern gebrachten Frucht (es wurde von der Frucht, nicht vom gemahlenen Mehl genommen).
Bald nach Gorius Rottner findet sich als Lehensträger ein Peter Miller, leider ohne genaue Jahreszahl.
Im Jahr 1663 vermachte Markgraf Wilhelm dem neugegründeten Jesuitenkolleg in Ettlingen eine Reihe von Gütern; wir lesen in der entsprechenden Urkunde: "Wir vermachen dem Kolleg zu Ettlingen die Kapelle der allerseligsten Jungfrau zu Bickesheim bei dem Dorf Durmersheim mit der St. Katharinenpfründe und allen ihren Gütern, Einkünften, Gebäuden, Äckern, Gärten, Wiesen, Gewässern und Opferga-ben mit denselben Rechten und Privilegien, deren das Jesuitenkolleg in Baden-Baden sich erfreut, auf immer und ewig".
Nach diesem Stiftungsbrief, in dem die Einkünfte aus den "Gewässern von Bickesheim" besondere Erwähnung finden, war das Jesuitenkolleg von Ettlingen berechtigt, die Mühle bei Bickesheim zu betreiben, was aber nach Ausweis der Akten nie geschehen ist. Auch sonst haben wir aus dem 17. Jahrhundert keine Nachricht von der alten Mühle, so dass wir annehmen müssen, diese sei während der langen Kriegsjahre 1618-1648 wohl eingegangen.
Erst im Jahr 1698 richtete der aus Tannkirchen/Elsass stammende Müller Johann Georg Hofscheurer an die markgräfliche Hofkammer das Gesuch, unterhalb von Durmersheim am Federbach, der Bickesheimer Kapelle gegenüber, eine Mahlmühle erbauen zu dürfen. Hofscheurer besaß auch in Altschweier eine Mühle, die sich aber aufgrund der großen Konkurrenz von Mühlen im Amt Bühl nicht rentierte, und wollte nun diese Mühle abbrechen und bei Bickesheim neu aufrichten lassen.
Sofort wurde von der ansässigen Bevölkerung dagegen geltend gemacht, dass durch das Stauen des Federbaches "die Durmersheimer und angrenzenden Dammfelder überschwemmt und ruiniert würden!"
Der Amtmann von Rastatt fand diese Bedenken aufgrund eines Augenscheins berechtigt und schreibt überhaupt von Hofscheurer, dieser sei "nit allein ein Vagabund, und sonsten ein liederlicher Kerl, sondern auch in dem standt nicht, eine neue Mühle auffzubauen". Hofscheurer gab freilich noch nicht auf und hatte inzwischen auch erfahren, dass eigentlich die Jesuiten von Ettlingen berechtigt wären, bei Bickesheim eine Mühle zu betreiben. So wiederholte er seine Bitte und fügte in seinem zweiten Gesuch hinzu, dass die Jesuiten ihm bereits erlaubt hätten, die Mühle, die früher an dieser Stelle gestanden hätte, aber jetzt eingegangen sei, wieder aufzubauen.
Die markgräfliche Hofkammer erlaubte am 9.3.1700 nach Einsicht in die alten Akten tatsächlich dem Ettlinger Jesuitenkolleg, die Mühle bei Bickesheim wieder aufzurichten, jedoch unter der Bedingung, dass die umliegenden Felder nicht durch Überschwemmung zu Schaden kommen dürften.
Aber jetzt ging das ganze Kesseltreiben gegen die Erbauung der Mühle erst recht los. Die Schultheißen der benachbarten Orte, nämlich Hans Hettel von Elchesheim, Adam Jung von Steinmauern, Wendel Fiederer von Au, Hans Martin Becker von Bietigheim, Jakob Kühn von Ötigheim, Nikolaus Schlager von Durmersheim und Stabhalter Dionys Jesuns von Würmersheim kamen am 3.4.1700 zusammen und protestierten gegen den geplanten Bau. In Ihrem Einspruch machten sie geltend, dass durch das Stauen des Wassers ihre Felder, Äcker und Wiesen ruiniert würden.
Die markgräfliche Hofkammer in Rastatt konnte nichts anderes tun, als durch einen Augenschein die ganze Angelegenheit genau untersuchen zu lassen. Das Resultat war niederschmetternd: "Ohne Schaden der umliegenden Felder und Wiesen könne an dieser Stelle keine Mühle erbaut werden!"
Somit war die Mühle zum zweiten Male ins Wasser gefallen. "Gut Ding will Weile haben", sagt ein altes Sprichwort.
Da in jenen Jahren auch die Mühle in Au eingegangen war, wurde von Jahr zu Jahr dieser Missstand fühlbarer. Auf der ganzen mittleren Hardt keine Mühle für das Landvolk! Alle mussten über den Rhein nach Lauterburg, um dort bei dem Müller Johannes Reyland ihr Getreide mahlen zu lassen.
Um diesem Mißstand abzuhelfen, wiederholten im Jahr 1748 die Müller Antonius Schababerle, Müller der "Münchmühle" in Ottersweier, Johann Michael Weber, Müller von Kutzenhausen (Elsass) und Johannes Reyland von Lauterburg ihre Bitte, an dieser Stelle eine "herrschaftliche Mühle" erbauen zu dürfen. Um dem tatsächlichen Bedürfnis der ganzen Bevölkerung der mittleren Hardt entgegenzukommen, nahm die markgräfliche Hofkammer in Rastatt eine wohlwollende Stellung ein und machte eine entsprechende Eingabe an den Landesherrn.
Der Müller Johannes Reyland erklärte sich bereit, nicht nur für allen Schaden aufzukommen, sondern bei erwiesener Schädlichkeit der Mühle bzw. des angestauten Mühlgrabens für die angrenzenden Felder die ganze Mühle wieder abzubrechen und an einer anderen, günstigeren Stelle neu aufzubauen.
Bei all diesen schwierigen und langdauernden Verhandlungen wurde merkwürdigerweise die Frage gar nicht berührt, dass eigentlich das Jesuitenkolleg das Mühlrecht in Bickesheim hatte und ob es dieses eventuell wieder beanspruchen wolle. Oder, wenn von einem Privatmann die Mühle gebaut werde, ob dann das Jesuitenkolleg die Gült zu beanspruchen habe. Nach dem Wortlaut des Stiftungsbriefs aus dem Jahre 1663 wäre das Kolleg dazu berechtigt gewesen. Ob dies aus Vergesslichkeit oder aus "liberaler Freigebigkeit" unterlassen wurde, ist nicht mehr festzustellen.
Die Erlaubnis zur Erbauung dieser Mühle muss trotzdem auf große Schwierigkeiten gestoßen sein, denn erst im Jahr 1756 wurde die Genehmigung zum Bau dieser vielumstrittenen "unglücklichen Mühle", wie sie in späteren Jahren immer wieder genannt wurde, gegeben. Es war für den jungen Müller wirklich kein Spaß, auf all die Vorschriften der Regierung einzugehen.
Die Bedingungen sind erhalten in dem Erblehensbrief, der mit dem ersten Pächter abgeschlossen wurde. Die drückendste Auflage war sicherlich die, jeden Schaden zu ersetzen, nötigenfalls sogar die Mühle wieder abzubrechen. Das letztere müsste auch dann der Fall sein, wenn ein Teil des Murgwassers in den Federbach geleitet würde. Damals wurde nämlich allen Ernstes der Plan erwogen, um der Mühle eine größere Ertragsmöglichkeit zu sichern und mehrere Mahlgänge betreiben zu können, einen Teil der Murg in den Federbach abzuleiten. Ohne Widerrede hat der Müller Johannes Reyland am 28. Mai 1757 folgende zum Teil recht harte Lehensbedingungen angenommen:
1. Er musste auf seine Kosten die Mühle samt den dazu gehörenden
Gebäuden sowie einem Abzugsgraben, Brücke und Steg erstellen und
unterhalten.
2. Die Mühle musste als Erblehen genutzt und gezinst werden.
3. Alljährlich hatte der Müller 20 Malter Korn als Gült an die Herrschaft in
Rastatt zu entrichten.
4. Den von der Durmersheimer Allmende erhaltenen Platz musste der Müller
bar bezahlen.
5. Der Müller musste allen verursachten Wasserschaden ersetzen sowie zur
Sicherheit eine Bürgschaft von 300 fl. bei der Hofkammer in Rastatt
hinterlegen.
Am 17. Juni 1757 wurde in Durmersheim "Amtstag" abgehalten. Bei dieser Gelegenheit wurde in einem besonderen Protokoll die Breite, die Höhe und Länge der Mühlgräben und des Wasserbaues festgesetzt und vorgeschrieben. Zu diesem Lehen und zur beträchtlichen Gült von 20 Malter Korn jährlich war die Herrschaft in Rastatt sehr billig gekommen. Sie hatte lediglich die Erlaubnis zum Bau der Mühle zu geben, der Müller musste sämtliche Baukosten und den Bauplatz bezahlen und außerdem jährlich den großen Zins abliefern.
Durch den Neubau der Mühle, die Abzugskanäle und was alles dazu gehörte, war der Müller Reyland von Lauterburg in so große Schulden gekommen, dass er sich ihrer nicht mehr erwehren konnte. Wohl oder übel musste er schon nach zwei Jahren seine schöne, neu erbaute Mühle versteigern lassen.
Das Zwangsverfahren war zwar in ganz Baden und im Elsass bekannt gemacht, es fanden sich aber wenige Interessenten ein.
Der Schwager Reylands, Johannes Weißenburger von Mothern erwarb die neue Mühle um den Preis von 2570 fl. Nachdem er das "Laudemium", eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 2% der Kaufsumme an die Herrschaft entrichtet hatte, erhielt er die lehensherrliche Erlaubnis, die neue Mühle zu übernehmen. Am 29. August 1759 wurde der neue Lehensbrief unterzeichnet; mit diesem Zeitpunkt trat der neue Müller seine Mühle an und wurde von der Herr-schaft belehnt. Der Lehensbrief erhielt dieselben Bedingungen wie der vom Jahre 1757.
Die Mühle war nach dem Beschrieb gut im Stand. Sie umfasste 3 Mahlgänge und einen Schälgang. Wegen großen Wassermangels konnte jedoch der Müller nur einen Gang benützen und musste daher viele Kunden fortschicken. Es erging ihm deshalb auch nicht besser als seinem Vorgänger. Die unheilvollen Nachteile des dauernden Übelstandes, nämlich des chronischen Wassermangels, zeigten sich sehr bald. Der Müller konnte daher auch bei bestem Willen nicht den großen Pachtzins von 20 Mal-ter Korn an die Herrschaft abliefern. Die Akten reden eine recht eindringliche Spra-che durch die vielfältigen Vorstellungen und Klagen an die Hofkammer in Rastatt. Mehrere Termine und "Augenscheine" wurden festgesetzt. Hofkammerrat Dilg kam schließlich selbst zu dem Ergebnis, dass die drei Mahlgänge wenig nützten, wenn der geringe Wasserstand kaum für einen einzigen ausreichte. Dieser Not könnte schließlich nicht anders abgeholfen werden, als dass die Dämme erhöht und mehr-Wasser angestaut würde. Diese Maßnahme wäre jedoch mit so großen Unkosten verbunden, dass der daraus entstehende Nutzen in keinem Verhältnis dazu stünde. Selbst nach diesen kostspieligen baulichen Erweiterungen könnte höchstens mit zwei Gängen gemahlen werden. Aber solch hohe finanzielle Lasten konnte der Mül-ler nicht auf sich nehmen. Es blieb daher nichts anderes übrig, als den hohen Zins von 20 Malter Korn bedeutend zu ermäßigen, wenn er nicht zahlungsunfähig werden sollte.
Durch Erlass der Hofkammer von Rastatt am 17. April 1762 wurde ihm die Gült von 20 Malter auf 14 Malter reduziert; am 15. Februar 1764 sogar auf 8 Malter!
Der finanzielle Ruin des Müllers Johannes Weißenburger war jedoch trotz allem nicht aufzuhalten. Obwohl ihm der Pachtzins wesentlich ermäßigt wurde, zerfiel die Mühle immer mehr. Notgedrungen musste auch er seine Mühle verkaufen. Anstandslos gab die Herrschaft hierzu die Erlaubnis. Wie sehr Weißenburger in Vermögenszerfall ge-raten war, beweist die Tatsache, dass ihm nicht nur die Grunderwerbsteuer, sondern sogar die Schreibgebühren und Sporteln geschenkt werden mussten. Am 8. Oktober 1765 wurde der Kaufvertrag untergeschrieben. Für die heruntergewirtschaftete Mühle erhielt Weißenburger nur noch 1540 fl. In dem kurzen Zeitraum von 9 Jahren hatte das ganze Anwesen mehr als die Hälfte an Wert verloren!
Der glückliche Erwerber dieser "unglücklichen Mühle", wie sie in den Akten genannt wird, war Peter Haffner, ein kurpfälzischer Untertan von Geltingen. Nach dessen Tod im Jahr 1769 übernahm sie sein Sohn Johannes, der, erst 32jährig, im Dezember 1779 starb. Bei der anschließenden Versteigerung der Mühle am 14.10.1780 erhielt sie sein Bruder, Nikolaus Haffner, um den Preis von 2302 fl. Dieser sah sich nun freilich Erbansprüchen seitens der Familie von Johannes Haffners erster Ehefrau ausgesetzt und konnte die daraus entstandenen Kosten nicht anders bestreiten als durch den Verkauf seiner Mühle.
Bei der erneuten Versteigerung am 8.5.1785 erwarb sie sein Schwiegervater, der frühere Bickesheimer Wirt Martin Heck, für 1330 fl. Dieser starb freilich schon bald darauf, am 1.2.1786, woraufhin die Mühle nun auf dem Erbweg an Nikolaus Haffners Ehefrau, Anastasia Haffner geb. Heck und ihren Bruder Josef Heck fiel.
Da die markgräfliche Regierung bereits seit längerem plante, das Dammfeld (das damals noch überwiegend sumpfig war) durch Kanalisierung des Federbaches trocken zu legen und die Bickesheimer Mühle im Wege stand, wurde am 4.3.1786 dem Hauptmann Vierordt aufgegeben, "zu sondieren, ob nicht gnädige Herrschaft solche (Mühle) um einen civilen Preis käuflich an sich bringen könne". Die Mühle sollte dann an einem anderen Ort neu aufgebaut werden, und zwar dort, wo bis kurz zuvor das Wasserschloss Rohrburg stand, also an der heutigen Bachstraße, wo sich bereits eine Hanfreibe befand.
Dagegen wehrte sich die Besitzerin der Mühle, Anastasia Haffner, die auch geltend zu machen versuchte, dass die Mühle gar kein Erblehen, sondern ihr freier Besitz sei. Nach längerem Hin und Her erklärten sich die Eheleute Haffner und Anastasia Haffners Bruder, Josef Heck, am 27.8.1787 schließlich bereit, die gesamte Mühle für 2400 fl. der Herrschaft zu überlassen (siehe anbeiliegende Urkunde). Das wiederum erschien dem zuständigen Hauptmann Vierordt zu viel, da die Mühle bereits baufällig sei. Vierordt bot im Namen der Regierung 1800 fl. und die Zusage, dem Müller Haffner "auf einer anderen Mühle Brod zu geben". Nikolaus Haffner musste sich in diesem Zusammenhang auch den Vorwurf gefallen lassen, "ein leichtsinniger Mensch zu seyn, der schon einmal seine Frau verlassen und Husar geworden ist, wodurch er sein Hauswesen sehr zurückgepreßt hat".
Nachdem die Herrschaft bereit war, weitere 150 fl. zu bezahlen, wurde am 3.10.1787 der entsprechende Vertrag unterzeichnet, allerdings ohne die Mitbesitzerin Anastasia Haffner geb. Heck, "welche nach ihrer Gewohnheit einige Zeit geschimpfet und sich wiederum fort begeben hat". Erst, nachdem man ihr aufgrund ihrer Schuldenlast mit der Zwangsversteigerung der Mühle gedroht hatte, willigte auch sie in den Verkauf ein; am 23. Mai 1788 quittierten die bisherigen Besitzer über den Erhalt von 1950 fl. durch die markgräfliche Rentkammer.
Im Februar 1790 wurde die längst baufällige "unglückliche Mühle" endlich abgebrochen und die Kanalisierung des Federbaches (entlang des Dorfes) an dieser Stelle im Laufe des Jahres 1790 für 1313 fl. durchgeführt.
Die bei Durmersheim neu zu erbauende Mühle sollte nach Meinung der Regierung "zum Muster für alle übrigen des Landes" werden und nach der damals modernen, sog. englischen Methode arbeiten.
Zu diesem Zweck wurden über längere Zeit Gespräche mit den "Stahlfabrikanten Gebrüder Schlaff" aus Rastatt geführt, die aber zu keinem befriedigenden Ergebnis führten, da die Firma Schlaff nicht bereit war, ihr "Geheimnis in dem englischen Mühlenbau" preiszugeben und die neue Mühle nur dann bauen wollte, wenn sie auch deren Eigentümer werden würden, wozu nun wiederum die Regierung nicht bereit war.
Am 24.6.1788 schlug nun Major Burdett vor, "jede Art der weiteren Unterhandlung mit den Fabricanten Schlaff ... auf die Seite zu setzen" (also abzubrechen) und statt dessen die gleichfalls nach der sog. englischen
Methode konstruierte Mühle bei Kassel als Vorbild der neuen Durmersheimer Mühle zu nehmen.
Also erkundigte man sich im Juni 1790 bei der Regierung von Hessen-Kassel nach der neuen "Englischen Mühlkunst", erhielt aber lediglich die gedruckte hessische Mühlenordnung von 1753 zugeschickt, welche die Rechte und Pflichten des Müllers und seiner Kunden bestimmte (u.a.: "Sollen auch die Mahlgäste (=Kunden) in denen Mühlen ruh- und friedlich seyn, alles liederlichen Lebens, Spielens, Schlagens, Zanckens und Balgens und nicht weniger des Tobackrauchens sich daselbst enthalten").
Damit allein war freilich wenig geholfen, und so wurde nach erneuten Verhandlungen mit der Landgräflich-Hessischen Regierung von Ende Januar bis Mitte Februar 1791 der Ettlinger Zimmermeister Johannes Pfeiffer nach Bettenhausen bei Kassel geschickt, um bei dem dort tätigen englischen Ingenieur Wood Kenntnisse der neuen Mühl-Methode zu erwerben und entsprechende Pläne anzufertigen. Mit dem Müller Wood war als Gegenleistung ein "Douceur" von 10 Louis d'Or (französische Goldmünzen) vereinbart. "Dieser verlangte aber, statt der ihm offerierten 10 Stück Louis d'Or, 20 Stück, und ich war nicht im Stande, den Müller Wood dahin zu bringen, nur einen Groschen von seiner Forderung schwinden zu lassen", berichtete der mit der Sache beauftragte hessische Rat Avenarius nach Karlsruhe. Avenarius streckte dann dem badischen Zimmermeister Pfeiffer die fehlenden 10 Louis d'Or vor, wofür sich die markgräflich-badische Regierung überschwänglich bei der landgräflich-hessischen bedankte.
Nach der Rückkehr Pfeiffers legte Hauptmann Vierordt einen genauen Plan für die neue Mühle vor und bezifferte die voraussichtlichen Baukosten auf 5.000 bis 6.000 fl. Nach diesem Plan sollte die neue Mühle drei Mahlgänge und einen Gerbgang haben, dazu eine Hanfreibe und einen Ölschlag. Gleichzeitig schlug er vor, einen "tüchtigen und lehrbegierigen Mühlknecht" nochmals in die Wood'sche Mühle zu schicken "um allda einige Zeit zu arbeiten" und so auch fachmännisch die neue Mühle bedienen zu können. Dies sollte "keine große Kosten verursachen, da derselbe dorten sein Brod verdienen und die Reiße zu Fuß machen kann".
Die Wahl fiel auf den Ettlinger Bürgersohn Franz Anton Daiger, der sich Ende 1791 bis Anfang 1792 in Kassel aufhielt. Als einige Zeit nach seiner Rückkehr aus Kassel der Zimmermann Pfeiffer seine genauen Pläne vorgelegt und als Belohnung für seine Dienste 15 fl. erhalten hatte, wurde nun in Durmersheim auf der ohnehin der Herrschaft gehörenden Schlosswiese endlich die neue Mühle gebaut. Sie war Eigentum der Herrschaft und wurde 1797 an den Müller Daiger für einen jährlichen Zins von 144 fl. verpachtet (1798 stieg der Pachtzins auf 150 fl., 1801 sogar auf 165 fl., was aber wohl mit der seinerzeitigen Geldentwertung zu tun hatte).
Freilich erwies sich die neue Mühle als ein rechter Schildbürgerstreich, denn man hatte einerseits zwar über Jahre hinweg große Mühen und Kosten für Planung und Bau der Mühle aufgewandt, aber andererseits das Wichtigste vernachlässigt: die Energieversorgung, mit welcher die Mühle arbeiten sollte! Als Energiequelle kam damals natürlich nur Wasserkraft in Frage, und am mangelnden Wasser des Federbachs war ja bereits die alte Mühle gescheitert.
Am 23.4.1798 musste der inzwischen zum Major beförderte Vierordt einräumen, dass ohne Kanalisierung des Federbachs "das ganze werck ... nichts taugt und kaum ein Drittel der angewandten Kosten werth ist". Da mangels Wasser die Hanfreibe gar nicht betrieben werden konnte, wurde sie im September 1798 um 200 fl. dem Ettlinger Müller Schmalholz verkauft.
Anfangs des 19. Jahrhunderts machte man sich endlich an die "Geradrichtung" des Federbachs. Dieser floss bisher von Bietigheim in großem Bogen an Würmersheim vorbei zur Mühle. Um das Gefälle und dadurch die Ausnutzungsmöglichkeit des Wassers zu steigern, sollte der Federbach in einem eigenen Kanal auf die Mühle geleitet werden. Von da ab sollte er in gerader Richtung durch die Gemarkung Mörsch und Forchheim fließen. Auch sollte das Wasser gestaut werden können. Zu diesem Zweck mussten die Dämme 1 - 3 Schuh erhöht werden, und zwar auf eine Gesamt-strecke von 310 - 400 Ruten. Die Kosten hierfür waren auf 500 bis 600 fl. veranschlagt. Durch die Kriegsjahre mit ihren zahlreichen Einquartierungen waren auch die Gebäude sehr in Mitleidenschaft gezogen worden. Dazu kam, dass der Boden sumpfig und "mit vielen alten Fundamenten" durchzogen war, die wohl von der Rohrburg herrührten. Es war also schwer, auf diesem Gelände etwas neues anzulegen. Die Ausgaben, die für die Instandsetzung der Gebäude im Voranschlag angesetzt waren, schwankten zwischen 350 und 400 fl.
Für die Mühle selbst sollten 3 neue Mühlsteine von Tiefenbronn bei Pforzheim um den Preis von 72 fl. erworben werden. Dazu kam der weite Transport der Steine mit 30 fl. Als die Mühle umgebaut war, wurde der Pachtzins wesentlich erhöht. Er betrug zuerst 325 fl., nach Fertigstellung einer neuen Hanfreibe sogar 360 fl.
Nachdem die Mühle so gründlich wiederhergestellt war, sollte sie als Eigentum versteigert werden, bisher war sie ja Besitz der Herrschaft. Der bisherige Pächter Franz Anton Daiger bot aus eigenem Antrieb die Summe von 5000 fl. Das genügte jedoch der Herrschaft nicht, die 6000 bis 7000 fl. verlangte. Bei der öffentliche Versteigerung vom 6. Oktober 1808 erhielt Daiger um die hohe Summe von 9930 fl. den Zuschlag.
Das Versteigerungsprotokoll beschrieb das ganze Anwesen: "In der Mühle befinden sich zwei Mahl- und ein Schälgang. Ferner gehört zur Mühle ein zweistöckiges Wohnhaus und eine Hanfreibe mit zwei Beeten unter einem einstöckigem Gebäude; ferner eine Scheuer, drei Schweineställe und eine Wiese, etwa einen Morgen groß".
Das war das Ende dieses Erblehens, als es nach Verlauf von Jahrhunderten in das Eigentum des Franz Anton Daiger überging. Als Eigentümer betrieb er das schöne Geschäft bis zum 19. Juni 1822. An diesem Tag übernahm Martin Enderle, der in Würmersheim auch das Gasthaus "Zum Schiff" führte, das große Anwesen um 11.000 fl. Der langjährige Müller Daiger zog nach Rastatt, um dort seinen Lebensabend zu verbringen. Der neue Müller Martin Enderle übergab die Mühle schon am 13. Juni des folgenden Jahres seinem Sohn Ignaz (1812-1864), der das von seinem Vater übernommene Geschäft bis zu seinem Tod im Jahr 1864 führte, danach übernahm sein Schwiegersohn Josef Wirth aus Mühlburg die Mühle.
Die Mühle war inzwischen sehr ausbesserungsbedürftig geworden, das große Wasserrad vollständig ruiniert. Dem neuen Müller waren diese Beschädigungen zu groß, und so verkaufte er die Mühle an Reinhard Müller (1838-1921) aus Oberweier bei Gaggenau. Diesem gelang es, für die schwierigen Wasserverhältnisse des Federbaches ein besonders geeignetes Wasserrad zu konstruieren und dadurch die Mühle wieder in Gang zu bringen.
Im Jahr 1884 kam als neuer Müller Franz Walz aus Kuppenheim und übernahm das Geschäft. Im Jahr 1910 wurde auch eine Holzsäge mit Dampf-, Wasser- und elektrischer Kraft neu eingerichtet. Am 1. Oktober 1937 übernahmen seine beiden Söhne Reinhard und Hermann Walz die Mühle, die am 14.8.1977 völlig abbrannte.