Der erste Kindergarten in Durmersheim war ein evangelischer Kindergarten

 

Auch Durmersheim wechselte entsprechend dem Augsburger Relgionsfrieden von 1555 (cuius regio eius religio = Wessen Land, dessen Religion))  im 16. und 17. Jahrhundert öfters die Konfession, war dann aber bis Mitte des 19. Jahrhunderts ausnahmslos katholisch.

Das änderten auch die evangelischen Markgrafen von Baden-Durlach nicht, als ihnen 1771 das Land durch Erbfolge zufiel.

 

Die Entstehung einer evangelischen Kirchengemeinde in Durmersheim geht auf den Webermeister Johann Friedrich Rudisüle (1804 - 1870) aus Michelbach bei Wiesloch zurück, der Kontakte zu Aloys Henhöfer, dem evangelischen Pfarrer und Prediger von Spöck, hatte.

 

Rudisüle kam 1840 nach Durmersheim. Er heiratete hier zwar 1841 die katholische Bibiana Duttenhofer, wollte aber, da er von Haus aus protestantisch war, seine Kinder nicht katholisch taufen lassen - in der damaligen Zeit im katholischen Durmersheim ein absolutes "No-Go".

Entsprechend waren die zunehmend feindlichen Reaktionen und das Misstrauen im Ort, vor allem durch Ortspfarrer Matthäus Kleindienst.

 

Das bestärkte ihn aber in seiner Überzeugung, sich durch das Studium der Bibel noch mehr mit Glaubensfragen zu beschäftigen. Bald bildete sich ein religiöser Gesprächskreis aus katholischen Bürgern und Bürgerinnen, die ihre Lebensweise immer mehr an ihrer "inneren Erleuchtung" ausrichteten. Selbst aus Au am Rhein erhielt die Gruppe Zulauf.

 

Die "Erleuchteten", im Ort auch als "Pietisten" (im Dialekt "Bedischde") bezeichnet, fanden Un-terstützung durch den evangelischen Prediger und Pfarrer Aloys Henhöfer aus Spöck (ein ehemaliger katholischer Pfarrer) und durch evangelische Pfarrer aus Karlsruhe und Ettlingen.

Um Henhöfer und seine Predigten zu erleben, zogen sie zu Fuß und mit dem Fuhrweg sonntags 6 Stunden lang zum Gottesdienst nach Spöck!

 

Alle Gegenbemühungen des katholischen Ortspfarrers, darunter auch eine durch Jesuiten durchgeführte Volksmission, fruchteten nicht. Auch Übergriffe der katholischen Dorfbewohner gegen die "Sekte" und eingeschlagene Fensterscheiben brachten die "Erleuchteten" nicht von ihrem Weg ab.

 

Inzwischen war auch die badische Landeshoheit in Karlsruhe auf die Zustände in Durmersheim aufmerksam geworden. Ihr ging es nicht um eine Unterdrückung der protestantischen Bewegung in Durmersheim, sondern vielmehr darum, dass in Baden neben der katholischen und der evangelischen Kirche keine weitere Bewegung entstehen sollte.

 

"Wer nicht katholisch sein will muss evangelisch werden!" So lautete das Machtwort aus Karlsruhe, das dazu führte, dass Rudisüle und elf Erwachsene mit ihren Kindern am 21. November 1847 in der evangelischen Stadtkirche Rastatt offiziell in die Evangelische Landeskirche Baden eintraten.

 

Zuständig für die Betreuung der Durmersheimer war Stadtpfarrer Lindenmeyer mit der evangelischen Stadtpfarrei Rastatt, wohin die Gläubigen zum Sonntagsgottesdienst zu Fuß oder mit dem Fuhrwerk gingen. Erst ab Januar 1853 durfte „von Zeit zu Zeit“ in einem entsprechenden Lokal in Durmersheim oder Au Gottesdienst durch einen evangelischen Geistlichen aus Rastatt abgehalten werden.

 

Die kleine evangelische Gemeinde wuchs, und so richtete man in Durmersheim bereits 1849 eine „Kleinkinderschule“ ein, deren Kosten „trugen die Evangelischen in Durmersheim sämtlich selbst“. Die Betreuung fand in privaten Wohnungen und im ehemaligen Schulhaus in der Ritterstraße statt. Auch katholische Kinder wurden mitbetreut!

 

Im September 1849 wurde Eligius Hippler zum ersten Kirchenältesten gewählt.

 

Ein besonderer Problemfall war der Schulunterricht, der damals unter katholischer Aufsicht stand. Die logische Folge war deshalb die Gründung einer eigenen evangelischen Privatschule in Durmersheim, die 1850 mit Unterstützung der Gustav-Adolf-Stiftung und des Vereins der Inneren Mission gegründet werden konnte. Sie bestand bis 1876, als die kirchliche Schulaufsicht aufgehoben und alle konfessionellen Schulen zu überkonfessionellen staatlichen Gemeinschaftsschulen wurden.

 

Nach der Schulgründung galt es ab 1854 eine eigene Kirche mit Versammlungsraum, Schulraum und Pfarrerwohnung (heute Hauptstraße 33) zu errichten.

 

Ein erster Kostenvoranschlag für den Bau eines Mehrzweckgebäudes kam auf 5823 fl.

Mit Hilfe tatkräftiger Unterstützung auswärtiger Freunde und Gönner konnte bis zum Jahr 1854 bereits ein Kapital von 4000 fl. zusammengebracht werden.

 

Eine erneute vom Rastatter Stadtpfarrer Lindenmeyer angeregte und durchgeführte Spendensammlung erbrachte schließlich den zum Bau notwendigen Gesamtbetrag. Von den tatsächlichen Baukosten in Höhe von 6500 fl. mussten die Durmersheimer evangelischen Christen lediglich noch 100 fl. übernehmen.

 

Am 5. September 1855 konnte die Einweihung der neuen Kirche stattfinden, bei welcher Pfarrer Aloys Henhöfer die Festpredigt über "Die Seligpreisungen der Bergpredigt" hielt. Vier Jahre später erhielt die junge Gemeinde in Vikar Hermann Fesenbeck ihren ersten eigenen Geistlichen. Ihm folgte 1863 Vikar Joseph Wilhelm Riehm, der 1868 Pfarrverweser und 1869 erster Pfarrer wurde.

 

Der Zuzug von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen nach 1945 ließ die evangelische Kirchengemeinde innerhalb eines Jahrzehnts auf das Vierfache anwachsen: 1956 gehörten zum evangelichen Kirchspiel Durmersheim zwölf Dörfer (darunter auch das größere Dorf Malsch) mit 3.000 Seelen, davon allein 800 in Durmersheim.

 

Das evangelische Pfarrhaus mit Gemeindezentrum in der Friedrichstraße wurde in der Amtszeit von Pfarrer Georg Dörsam (1946 - 1976) gebaut.

Es wurde am 12. Dezember 1965 eingeweiht.

                                                                  

Pfarrer Hansjörg Schmid übernahm nach 1977 die Aufgabe, eine neue Kirche mit Gemeindezentrum im Tiefgestade zu errichten. Die alte Kirche wurde verkauft. Vorübergehend fanden die Gottesdienste im Pfarrsaal in der Friedrichstraße statt.

Die neue Kirche erhielt den Namen "Kreuzkirche" und wurde am 21.09.1986 von Landesbischof Dr. Klaus Engelhardt geweiht

 

Und was wurde aus Johann Friedrich Rudisüle?

Nach Gründung einer evangelischen Kirchengemeinde war seine Predigertätigkeit nicht mehr erforderlich und nicht mehr gewünscht.  Als er begann, auch in Mörsch zu predigen, wurde er im Februar 1849 von Mörscher Bauern überfallen und fast zu Tode geprügelt. In Durmersheim wurde er in seinen letzten Lebensjahren zum Außenseiter und sogar aus der evangelischen Kirchengemeinde ausgeschlossen.

 

Durch seine religiösen Tätigkeiten hatte er sein Handwerk als Weber vernachlässigt. Er hatte Schulden, sein Häuschen wurde versteigert und er selbst arbeitete zuletzt als Tagelöhner. Trotz dieser harten Schicksalsschläge hat er bis ins hohe Alter ein festes Gottvertrauen bewahrt. Er war ein großer und stattlicher Mann, sein Auftreten würdevoll, trug einen langen weißen Bart und war ein guter Redner.

 

Am 30. April 1870 ging er gesund und wohl in den Hardtwald um Holz zu holen. Hier setzte ein Herzschlag seinem bewegten Leben ein Ende.

 

Aufsatz Dr. Schwinge: Alois Henhöfer und die Anfänge der evangelischen Gemeinde Durmersheim
Aufsatz Schwinge-cp.pdf
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Kistner/Schlick (1980)
Evangelische Gemeinde Durmersheim-2.pdf
PDF-Dokument [15.1 MB]
Schlick (1988): Entstehung der evang. Gemeinde
Schlick-Evangelische Gemeinde-22.pdf
PDF-Dokument [4.3 MB]
Amtlicher Schriftverkehr zu den "Pietisten-Unruhen" 1846-1853
Schlick 1988-Schriftwechsel zu den Pieti[...]
PDF-Dokument [9.0 MB]
Evangelische Orgeln Durmersheim
Evangelische Orgelgeschichte Durmersheim[...]
PDF-Dokument [10.5 MB]
1847-1997: 150 Jahre Evangelische in Durmersheim: Modernität eines Aufbruchs im 19.Jhdt. (Pfarrer Hansjörg Schmid)
Hj Schmid, Modernität eines Aufbruchs im[...]
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Jubiläumsvortrag: 175 Jahre Evangelische in Durmersheim_25.11.2022_AKH
Vortrag 175 Jahre Evangelische in Durmer[...]
PDF-Dokument [3.8 MB]
Präsentation zum Vortrag "175 Jahre Evangelische in Durmersheim"
25.11.22_Präsentation-7(2)x(2).ppt
Microsoft Power Point-Präsentation [10.2 MB]
Vikar J. Riehm (1864): Denkschrift zur Einweihung der evang. Kirche Durmersheim 1855
Einweihung der evang. Kirche 1855.pdf
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Katechismus für die evangelisch-protestantische Kirche in Baden
ev. Katechismus-2.pdf
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Konfirmationsspruch von Karl Ganz (1926 - 2020)

 

Bei seiner Konfirmation am 17. März 1940 wählte Karl Ganz aus Durmersheim einen Konfirmationsspruch aus der

Offenbarung des Johannes 3,11:

Ich komme bald; halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!

 

Heute ist das dazu ausgewählte Konfirmationsbild "Der Choral von Leuthen" sicherlich nicht vorstellbar. Im zweiten Kriegsjahr 1940, so lässt sich schließen, hat das herrschende NS-Regime auch auf das kirchliche Leben Einfluss ausgeübt.

 

Die Schlacht bei Leuthen fand am 5. Dezember 1757 während des Siebenjährigen Krieges bei Leuthen in Schlesien statt. In ihr schlug der preußische König Friedrich II. das österreichische Heer unter Führung des Prinzen Karl Alexander von Lothringen.

 

Nach der Schlacht stimmten die siegreichen preußischen Truppen den Choral "Nun danket alle Gott" an.

Dies ist der Titel eines von dem protestantischen Geistlichen Martin Rinckart (1586–1649) verfassten Chorals, der zu den bekanntesten geistlichen Liedern in deutscher Sprache zählt .

 

Konfirmationsbild von Karl Ganz
Konfirmation Karl Ganz-2.pdf
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