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Die Einbäume von Durmersheim - mittelalterliche Fundstücke aus dem Federbach

Zu den Besonderheiten im Hardtmuseum gehören an der Grenzmauer unter dem überdachten Außenbereich mittelalterliche Einbäume. Sie weisen auf die Lebensweise unserer Altvorderen vor 1000 Jahren und mehr hin und erklären, wie die Menschen jener Zeit ihr Leben in der damaligen Fluss- und Sumpflandschaft des Tiefgestades gemeistert haben.

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Aus jener bewegten Zeit des 10./11. Jahrhunderts, als sich in Durmersheim aus den einzelnen Gutshöfen ein richtiges Dorf entwickelte (Vilikation), stammt dieser interessante Fund:

            

Im März 1932 wurde im Zuge von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen das Bett des Federbaches gesäubert und um 1,50 m tiefer gelegt. Dabei fand man unterhalb der Wallfahrtskirche Bickesheim mehrere mittelalterliche Kähne, Einbäume genannt. Der Name geht auf die Bauweise zurück, weil sie aus einem Baumstamm herausgeschlagen wurden. Bedenkt man die technischen Möglichkeiten jener Zeit, kann man sich gut die Mühen vorstellen, die bei der Produktion eines Einbaums vom Baumfällen bis zum "Stapellauf" auf sich genommen werden mussten.

Dementsprechend hoch dürfte damals auch der Wert eines solchen Kahnes gewesen sein.

 

Der erste Einbaum lag quer über dem Bachbett und ragte mit der vorderen Spitze gerade über den Wasserspiegel heraus. Das hintere Ende dagegen steckte 2 m im östlichen Ufer, ungefähr 1,50 m unter der Bachsohle. Beim Bergen des Kahns ohne fachmännische Beratung ist derselbe leider zerbrochen.

 

Bei weiteren Arbeiten wurde nördlich davon ein zweiter Einbaum im westlichen Bachufer entdeckt. Nach zusätzlichen Überprüfungen wurde in der Mitte zwischen beiden noch ein dritter Einbaum festgestellt. Alle drei lagen 1 - 1,20 m unter der Bachsohle.

 

Gymnasialprofessor Dr. Karl Gutmann aus Rastatt (siehe unten Bericht aus "Badische Fundberichte 1933-1938") hat die Einbäume wissenschaftlich untersucht und sein Ergebnis in einem Gutachten der Öffentlichkeit mitgeteilt.

 

Diesem zufolge gehören die Einbäume von Durmersheim zwei verschiedenen Typen an:

 

Kahn 1 und 3 haben große Ähnlichkeit miteinander, Kahn 2 zeigt eine andere, nämlich bessere Bearbeitung. Er ist aus einem langen Baumstamm von 1,12 m Durchmesser ausgehauen, erhalten ist jedoch nur noch die vordere Hälfte von ca. 4 m Länge.

 

Auch für Kahn 3 wurde ein voller runder Baumstamm benutzt, ist 7,10 m lang und in der Mitte beträgt der Durchmesser 1,20 m. Im Heck ist der Kahn breitgedrückt und hat dadurch einen größeren Durchmesser. Der Stamm ist regelrecht ausgehöhlt, so dass die Bordwände leicht nach innen geneigt sind. Die lichte Öffnung beträgt in der Mitte 95 cm, die Höhe der noch erhaltenen Bordwand beträgt 90 cm, ihre Stärke 6 - 7 cm. Der Kiel hat eine Dicke von 20 cm, in der Mitte des Kahns noch ca. 14 cm. Der Boden verdünnt sich, aber nach den Bordwänden zu schwillt er an auf 6 - 9 cm. Das hintere Ende ist schief abgehackt, der Bug ist schiffsschnabelförmig zugespitzt. Hier hebt sich die Kahnspitze etwa 70 cm. Der Bug ist wuchtig gebildet, so dass die Wandung etwa 20 cm dick ist. Das Heck war durch eine Schotte abgeschlossen, welche in einer Nut saß. Sonstige Einzelheiten der Bearbeitung lassen sich am Kahn 3 nicht erkennen. Das Gewicht betrug nach der Bergung 140 kg.

 

Kahn 2 ist hingegen aus einem halben Baumstamm geschnitten, ist 7,70 m lang und in der Mitte 1 m breit. Die Höhe der noch erhaltenen Bordwände beträgt 29 cm. Die höchste noch messbare Tiefe des Kahns ist 40 cm. Im Heck ist der Kahn etwas breiter, vorn etwas schmaler als in der Mitte. Die beiden Enden sind schief abgehackt. Auf besonders saubere Arbeit wurde kein Gewicht gelegt. Das Äußere des Kahns zeigt keine Bearbeitung, lediglich die Rinde ist vom Baumstamm gelöst. Das Gewicht des Einbaumes betrug unmittelbar nach der Bergung 180 kg.

 

Ein vierter Einbaum konnte umständehalber nicht mehr geborgen werden.

 

Der Verwendungszweck dieser Einbäume lässt sich am ehesten aus den Bohrlöchern erschließen, die sich an Kahn 1 und 2 fanden. Durch diese Löcher führten wohl Seile, so dass Prof. Gutmann auf eine Verwendung als Fähre schloss (es müsste demnach seinerzeit hier ein Seitenarm des Rheines geflossen sein). Denkbar ist aber auch, dass die Einbäume als eine Art Pontonbrücke dienten.

 

Ob nun Fähre oder Pontonbrücke, die Einbäume dienten auf jeden Fall zum Transport von Personen, Waren, Kleinvieh und landwirtschaftlichen Ernteprodukten ("Grasnachen") zwischen den im Tiefgestade entstandenen Siedlungen und den Ortschaften am Hochgestade oder zu höher gelegenen Stellen, die landwirtschaftlich genutzt werden konnten. Vor allem bei Hochwasser waren sie sicherlich das einzigste Verbindungsmittel.

 

Die Frage nach dem Alter der Einbäume konnte Prof. Gutmann seinerzeit nur ungefähr beantworten. Aufgrund der in der Nähe gefundenen Scherben schloss er auf das 12. oder 13. Jahrhundert.

 

Inzwischen haben moderne (dendrochronologische) Untersuchungsmethoden ein höheres Alter ergeben und lassen festlegen, dass sie aus der Zeit zwischen 950 und 1100 stammen.

 

Neben den beiden im Hardtmuseum ausgestellten Einbäumen (ein Exemplar und zwei Bruchstücke) wurde das dritte und größere Exemplar als Dauerleihgabe dem Riedmuseum in Rastatt-Ottersdorf überlassen.

(nach M. Burkart, 2002)

            

 

 

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Ausgrabungsbericht Prof. Gutmann
Badische Fundberichte1933-1936.pdf
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Aus dem Badischen Tagblatt - BT
BT-Einbäume-26.05.2020.pdf
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Aus dem GAZ
04-Die Einbäume von Durmersheim.pdf
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