Stand die Astronomische Uhr des Karl Julius Späth in Bickesheim?

Der berühmteste Sohn unserer Nachbargemeinde Steinmauern ist Karl Julius Späth. Er wurde dort am 12. April 1838 geboren. Dort starb er auch am 02. April 1919 .

Sein bewegtes Leben als Weber, Uhrmacher und Dichter zeigt viele Höhen und Tiefen, die ihn sogar in die Irrenanstalt Illenau bei Achern führten.

 

Eine Biograpie findet sich in:

Gottfried Zurbrügg, Eine Uhr für die Ewigkeit, Casimir Katz Verlag, 2006

 

Wie viele arme Dorfbewohner damals verdiente sich auch Späth seinen Lebensunterhalt aus einer kleinen Landwirtschaft und mit der Tätigkeit als Weber. Schon früh brachte er sich als technikinteressierter Mensch das Uhrmacherhandwerk bei. Dies verschaffte ihm und seiner Familie ein zusätzliches Einkommen, was er schließlich zu seinem Hauptgewerbe machte.

 

Neben der Reparatur von Uhren plante und erschuf er auch eigene Uhrenkonstruktionen. Dies machte ihn auch zu einem wohlhabenden Mann.

 

Sein bekanntestes Werk ist seine über 2 m hohe "Astronomische Uhr", an der er 20 Jahre arbeitete, ehe sie 1898 ausgestellt werden konnte. Nach seinen eigenen Angaben besuchten ihn über 45.000 Leute, um die Uhr zu besichtigen.

Sie steht heute im Stadtmuseum Rastatt. Allerdings funktioniert sie nicht, für eine Reparatur fehlt auch das entsprechende Fachwissen.

 

Immer wieder war in Durmersheim zu hören, dass diese Uhr auch einmal in Bickesheim gestanden haben soll. Dabei wurde immer auch der Durmersheimer Uhrmachermeister August Heck als Betreuer genannt.

 

Allerdings konnte das niemand genau belegen, bis wir im Spätjahr 2020 aus einem Nachlass verschiedene Bickesheim betreffende Unterlagen erhielten. Darunter war auch eine Abschrift aus alten Kirchenaufzeichnungen, in der die Ausstellung der Astronomischen Uhr im Pfarrhaus in Bickesheim bestätigt wird.

 

Der Pfarrer, Dichter und Abgeordneter in der Zweiten Badischen Kammer Heinrich Hansjakob (19.08.1837 in Haslach-23.06.1916 ebenda) kam regelmäßig nach Durmersheim und Bickesheim.  Er hatte hier angeheiratete Verwandtschaft, und in Bickesheim betreute sein ehemaliger Hagnauer Kaplan Engelbert Kleiser als Benefiziat die Wallfahrtskirche).

 

Hansjakob sah diese Uhr im Benefiziatenhaus Bickesheim und kannte auch Karl Julius Späth persönlich (auch Hansjakob war Patient in der Illenau bei Achern).

Er schrieb über Späth:

„Der einzige, wahrhaftige und echte Geniemensch von Gottes Gnaden, den ich im Leben kennengelernt habe.“

 
Bei weiteren Recherchen im Archiv des Badischen Tagblatts fanden wir zwei interessante Artikel über K.J. Späth und seine Uhr.

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Die Astronomische Uhr in Bickesheim
Uhr Späth.pdf
PDF-Dokument [4.1 MB]
Heinrich Hansjakob über Späth in den "Sommerreisen"
Hansjakob über Späth.pdf
PDF-Dokument [1.2 MB]
BT-Bericht-05.04.2019
100. Todestag KJ Späth.pdf
PDF-Dokument [424.1 KB]
BT-Bericht über K.J. Späth 10.04.2013
BT-20130410.pdf
PDF-Dokument [404.8 KB]

 

 

Karl Julius Späth beschrieb 1888 sein Werk in einem Gedicht folgendermaßen:

 

„Ich lasse die Uhr selbst sprechen“

 

Stund’, Minute und Sekunde
gibt mein Zeigerlauf dir kund.
Stundenschluss und Teilung kündet
treulich dir mein eh’rner Mund.

 

Aus den Tagen werden Wochen,
wachsen Monde, Jahre an.
Dass ihr Lauf dir lehrreich werde,
zeig ich stets dies alles an.

 

Alle Teile meines Werkes
sind gebaut zu grösster Zier.
Was des Meisters Hand vermochte,
opfert’ Fleiss und Liebe mir!

 

Im lebend'gen Bilde zeige
ich dir auch der Sterne Bahn.
Stell sie bei den Sternenbildern
nur an richt’ger Stelle an.

 

Dich an Gottes Allmacht mahnend
zeig ich dir der Sterne Lauf.
Führ’ des Mondes gold’ne Scheibe
wechselnd, kreisend, ab und auf.

 

Ihn sogar zur Sichel formend,
immer wechselnd gross und klein,
Sonn- und Mondes- Finsternisse,
alles stell ich richtig ein.

 

Lass die Bilder der Planeten
kreisend ihre Bahnen geh’n.
Magst am Kleinen hier du lernen,
deines Gottes Allmacht seh’n.

 

Den Kalender mit den Festen
stellt mein Werk für jedes Jahr,
Osterfest und alles andere
selbst für Hunderte von Jahr!

 

Gold’ne Zahl und die Epakten
geb für jedes Jahr ich an.
Sonntagsbuchstab, Sonnenzirkel,
Römerzinszahl zeigt mein Plan.

 

Alles dieses rech’n ich selber
dir zulieb im Werke aus.
Wie des Meisters Hand mich lehrte,
jeden Fehler schliess ich aus.

 

Ob gewöhnlich’s oder Schaltjahr
zeig ich gleichfalls immer an.
Jahreszeit und Tierkreisstellung
künde ich in Bilder an.

 

Jahreszahl und Jahrsregente
fehlen meiner Kunde nie.
Und in Bildern zeig’ noch vieles
ich dir gerne spät und früh.

 

Einen Engel mit Posaune
siehst du ganz rechts oben stehn.
Kannst ihn auch beim Stundenschlag
die Posaune blasen sehn.

 

Auch ein Kapuziner läutet
dreimal „Ave“ jeden Tag.
Und mittags vor 12 Uhr „warnend“
kräht mein Hahn mit Flügelschlag.

 

Dreimal lässt den Ruf er hören,
tönt sein schrilles „Kikeriki“.
Dann wieder beim Erscheinen Petri
„Zweimal“-er vergisst es nie!

 

In der mittleren Säulennische
stell das Bild des „Herrn“ ich ein.
Auf des Himmels Wolken kommend
wird der „Herr“ einst Richter sein.

 

Wird der Wunden Male zeigen,
hält entrollt des Lebens Buch,
das zum ew’gen Heil dem Guten
und dem Bösen wird zum Fluch!

 

Mag auch dir dann wahres „Alpha“
und „Omega“ er nur sein,
dass auch du dich seiner Gnade
der Erlösung magst erfreun!

 

Mittags kannst du nach dem Schlage
der Apostel Bilder seh’n,
ehrfurchtsvoll das Haupt verneigend
am Bild des „Herrn“ vorübergehn.

 

Oben, unter Daches Mitte,
zeigt ein Bild die Jahreszeit.
Der Evangelisten Bilder
stellt dir ein Relief bereit.

 

Sankt Matthäus wird im Bilde
stets ein Engel beigesellt.
Und ein Löwe ist mit Flügeln
zu Sankt Markus' Bild gestellt.

 

Die Menschwerdung Christi lesen
wir in Sankt Matthäi Schrift,
dass den „Herrn“ als reinsten Menschen
keines Makels Vorwurf trifft.


Als Symbol des Königtumes
gilt der Löwe nah und fern.
Und als ewigen König schildert
uns Sankt Markus „Gott den Herrn“.

 

Einen Stier mit Flügeln hat man
bei Sankt Lukas aufgestellt.
Und zu Sankt Johannes Bild ist
eines Adlers Bild gesellt.

 

Als ein Sinnbild grössten Opfers
galt der Stier im alten Bund.
Grössten Opfers ewigen Priester
nennt den Herrn Sankt Lukas' Mund.

 

Schärfsten Blick bei höchstem Fluge
gab der Schöpfer nur dem Aar.
Darum gibt man Sankt Johannen
Ihn als Symbol immerdar.

 

Wie des Adlers scharfes Auge
bei der Schwingen höchstem Flug
zeigen auch Johanni Schriften,
dass der Geist ihn höher trug.

 

Reinsten Menschen, Opfer, König,
nennen Andre ihren „Herrn“.
Sankt Johannes nennt in Ehrfurcht
„Gott“ ihn, aller Geister Herrn.

 

Zeigt mein Bild im Frühling oben
tönt mittags des Kuckucks Ruf.
Sommers preist der Schlag der Wachtel
Ihn, der einst das All erschuf.

 

Zeigt mein Bild den Herbst im Plane,
Flügelschwingend brüllt der Stier.
Zähnefletschend brüllt der Löwe,
zeigt das Bild den Winter dir.

 

Ein Engel kommt zur Viertelstunde
mit dem Palmenzweige,
beim Viertelschlag der Sensenmann,
um schnell die Zeit zu zeigen.

 

Mit dem Helm das Haupt bedecket,
einer Waage, Schwert und Schild,
mit dem Schwert die Viertel schlagend
zeig’ ich dir ein Engelbild.

 

Jedesmal zur Viertelglocke
kommt ein Menschenalterbild.
Eine Sanduhr stellt ein Engel,
wenn der Stunde Lauf erfüllt.


Sinn und Deutung all’ der Bilder
zeigt die heilige Schrift dir an.
Nur lebendiger Gottesglaube
steht dem wahren Christen an.

 

Weitere Deutung meiner Bilder
überlass ich jedem gern!
Mag mein Anblick dich erfreuen
und erbauen nah und fern.

(Karl Julius Späth, 1888)